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Warum jeder Mensch ein Testament erstellen sollte

Fehler mit gravierenden Folgen

 

 

1. Unwissenheit über die Folgen einer Erbschaft

Viele Menschen kennen die rechtlichen Konsequenzen einer Erbschaft nicht.  Eine über 80-jährige Dame hatte das Erbe ihres verstorbenen Sohnes angenommen, ohne zu wissen, dass damit nicht nur sein Vermögen, sondern auch seine Schulden auf sie übergehen würden. Sie war verwirrt, warum die von ihr aus eigenen Mitteln gezahlten Beerdigungskosten nicht relevant seien und fühlte sich über die Situation im Unklaren. Ihre Wissenslücke führte zu einer ungewollten Übernahme der finanziellen Belastungen ihres Sohnes.

 

2. Beratung und Entscheidung der Erbin

Ich mußte die Dame darüber informieren, dass sie eine Nachlassinsolvenz beantragen könnte, um die Schulden auf den Nachlass zu beschränken. Allerdings hätte dies bedeutet, dass sie die wenigen Vermögensgegenstände des Sohnes, die für sie einen hohen emotionalen Wert hatten, herausgeben müsste. Aus diesem Grund entschied sie sich gegen diesen Schritt. Ihre Unkenntnis der rechtlichen Situation und ihre emotionale Bindung an die Erbstücke führten dazu, dass sie die finanziell nachteilige Option wählte.

 

3. Notwendigkeit der rechtlichen Aufklärung

Der Fall verdeutlicht die Notwendigkeit besserer rechtlicher Aufklärung in der Bevölkerung. Der Satz der Dame „Das muss man den Leuten doch sagen!“ zeigt, wie selbstverständlich der Gesetzgeber davon ausgeht, dass die Menschen ihre Rechte und Pflichten kennen. Die Ausschlagungsfrist ist mit 6 Wochen seit Kenntnis vom Tod viel zu kurz. Neben des emotionalen Ausnahmezustandes bei nahen Angehörigen snd so viele bürokratischen  Dinge zu erledigen, dass die Hinterbliebenen kaum zum Nachdenken kommen. Die Erben sind sich der Rechtslage in aller Regel nicht bewusst.  Dass sich auch Schulden vererben, ist kaum bekannt.

 

Wichtige Aspekte: 

 

1. Die Ausschlagungsfrist und ihre Bedeutung

In Deutschland beträgt die Frist zur Ausschlagung einer Erbschaft in der Regel sechs Wochen (§ 1944 BGB). Diese Frist beginnt mit dem Zeitpunkt, an dem der Erbe Kenntnis von der Erbschaft und dem Grund der Berufung erlangt hat. Für Erben, die im Ausland leben oder bei einer Testamentseröffnung anwesend sind, verlängert sich die Frist auf sechs Monate. Dies gilt auch, wenn der Verstorbene seinen alleinigen Wohnsitz im Ausland hatte.  Wenn die Frist verstreicht, gilt das Erbe automatisch als angenommen – unabhängig davon, ob Vermögenswerte oder Schulden übernommen werden.

 

2. Probleme durch die kurze Frist

Für viele Menschen ist diese Frist zu kurz, um sich ausreichend über die Erbschaft und mögliche Verbindlichkeiten zu informieren. Gerade in Fällen, in denen emotionale Belastungen – wie der Verlust eines nahen Angehörigen – eine Rolle spielen, bleibt oft nicht genügend Zeit, sich mit den rechtlichen Aspekten auseinanderzusetzen. Häufig erfahren Erben erst nach Ablauf der Frist von den Schulden des Verstorbenen und stehen dann vor der Tatsache, dass sie diese mit dem eigenen Vermögen begleichen müssen.

 

3. Möglichkeiten der Fristverlängerung

Es gibt in bestimmten Fällen Möglichkeiten, das Erbe auch nach Ablauf der Ausschlagungsfrist noch ausschlagen zu können ( 1956 BGB). Die Voraussetzungen und notwenigen Schritte sind kompliziert. Im Bürgerlichen Gesetzbuch beschäftigen sich über 400 Paragraphen  mit dem Erbrecht.

 

In vielen Fällen sind die 6 Wochen schon abgelaufen, bevor Nachlassgerichte vom Tod eines Menschen überhaupt erfahren. 

 

Eine Verlängerung der Ausschlagungsfrist wäre dringend geboten. Dazu müßte der Gesetzgeber tätig werden.   

 

 

3. Begrenzung der Haftung auf den Bestand des Erbes

 

 

Die Begrenzung der Haftung auf den Nachlass (auch „Drei-Klassen-Haftung“ genannt) ermöglicht es Erben, ihre persönliche Haftung für die Schulden des Verstorbenen auf das geerbte Vermögen zu beschränken. Dies ist besonders wichtig, wenn die Schulden des Erblassers höher sind als sein Vermögen. Es gibt verschiedene Möglichkeiten, dies rechtlich umzusetzen:

 

1.1.  Nachlassverwaltung

Eine der Optionen ist die Beantragung einer Nachlassverwaltung (§§ 1975 ff. BGB). Der Erbe kann beim Nachlassgericht einen Nachlassverwalter einsetzen lassen. Dieser übernimmt die Verwaltung des Nachlasses und sorgt dafür, dass Schulden nur aus dem Nachlass beglichen werden. Der Erbe bleibt somit von der persönlichen Haftung befreit, muss aber auch auf die Kontrolle über den Nachlass verzichten. Der Nachlassverwalter sorgt dafür, dass Gläubiger nur das erhalten, was der Nachlass hergibt.

1.2. Nachlassinsolvenzverfahren

Eine weitere Möglichkeit ist die Eröffnung eines Nachlassinsolvenzverfahrens (§§ 1980 ff. BGB). Dieses Verfahren wird in der Regel dann notwendig, wenn der Nachlass überschuldet ist und nicht ausreicht, um alle Verbindlichkeiten zu decken. Auch hier wird die Haftung auf den Nachlass beschränkt, sodass das persönliche Vermögen des Erben unangetastet bleibt. Gläubiger können nur aus dem Nachlass befriedigt werden. Das Nachlassinsolvenzverfahren schützt den Erben also vor einer möglichen Insolvenz.

1.3. Einrede der Dürftigkeit

In Fällen, in denen die Schulden des Erblassers höher sind als der Nachlass, kann der Erbe die Einrede der Dürftigkeit erheben (§ 1990 BGB). Dies bedeutet, dass er nachweisen kann, dass der Nachlass nicht ausreicht, um alle Verbindlichkeiten zu begleichen. Dadurch haftet der Erbe nicht mit seinem eigenen Vermögen. Diese Einrede ist besonders dann relevant, wenn die Kosten für ein Nachlassinsolvenzverfahren oder die Nachlassverwaltung nicht verhältnismäßig wären.

1.4. Beschränkung durch Aufgebotsverfahren

Eine weitere Methode zur Haftungsbegrenzung ist das Aufgebotsverfahren (§§ 1970 ff. BGB). Der Erbe kann beim Nachlassgericht beantragen, dass die Gläubiger des Verstorbenen ihre Ansprüche innerhalb einer bestimmten Frist anmelden. Verpassen Gläubiger diese Frist, verlieren sie ihre Ansprüche gegen den Erben, und die Haftung beschränkt sich auf den noch bestehenden Nachlass.

 

Fazit:

 

Erben, die Schulden erben, können ihre Haftung auf das geerbte Vermögen beschränken, indem sie Maßnahmen wie die Nachlassverwaltung, das Nachlassinsolvenzverfahren oder die Einrede der Dürftigkeit ergreifen. Diese Mechanismen schützen das persönliche Vermögen des Erben und gewährleisten, dass nur der Nachlass für die Begleichung der Schulden verwendet wird. Es ist wichtig, diese Optionen rechtzeitig zu prüfen, um finanzielle Nachteile zu vermeiden.

 

Eine ausführliche Rechtsberatung nach einem Todesfall ist gut angelegtes Geld.

 

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