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Wann überhöhte Vorfälligkeitsentschädigungen zurück verlangt werden können

 

 

 

1. Vo­raus­set­zun­gen:

 

 

 

a) Wur­de Ih­nen als Verbraucher ein Immobiliendarlehen vom Darlehensgeber, also von einer Bank oder einer Ver­si­che­rungs­ge­sell­schaft, gekündigt?

 

 

 

b) War das Dar­le­hen durch Grundschuld oder Hypothek im Grund­buch ge­si­chert (Dies ist re­gel­mä­ßig der Fall)?

 

 

 

c) Muss­ten Sie da­für eine Vorfälligkeitsentschädigung zahlen?

 

 

 

Die­se For­derung wur­de über Jahrzehnte hin­weg von den Ban­ken er­ho­ben und wird es auch heute noch.

 

 

 

2. Der Bun­des­ge­richts­hof ­hat 2016 in zwei Ur­tei­len entschieden,  dass die­se Ban­ken­pra­xis rechtswidrig ist.

 

 

 

Mit der Vor­fäl­lig­keits­ent­schä­di­gung, welche auf der Grundlage des vereinbarten Ver­trags­zin­ses berechnet wird, ver­folgt der Darlehensgeber sein Erfüllungsinteresse. Er will so gestellt werden, als würde das Darlehen weiter be­ste­hen. Um­ge­kehrt stellt er das Darlehenskapital aber nicht mehr zur Verfügung.

 

 

 

Der Dar­le­hens­ge­ber hat nach sei­ner Dar­le­hens­kün­di­gung gegen den Darlehensnehmer keinen Anspruch auf das Er­fül­lungs­in­te­res­se.

 

 

 

Der Bun­des­ge­richts­hof hat un­ter ausführlicher Wür­di­gung der Gesetzeslage und der Ge­set­zes­ma­te­ria­li­en ausgeführt, dass nach dem Willen des Gesetzgebers ein Rück­griff auf den Ver­trags­zins nach der Kün­di­gung der Bank grund­sätz­lich ausgeschlossen ist und damit dem Darlehensgeber auch eine Vorfälligkeitsentschädigung, die den Ver­trags­zins für die Zeit von der wirksamen Kündigung an bis zum Ende der Zins­fest­schrei­bung ent­hält, versagt ist.

 

 

 

Der Dar­le­hens­ge­ber kann in die­sen ­Fäl­len nur noch den ge­setz­lich vorgesehenen Zinssatz von 2,5 % aus dem noch of­fe­nen Dar­le­hens­ka­pi­tal zuzüglich Zinsen und Kos­ten ver­lan­gen.

 

 

 

Die­se Re­ge­lung wurde vom Gesetzgeber üb­ri­gens auf Wunsch der Kreditwirtschaft nach einfacher und prak­ti­ka­bler Be­rech­nung eingeführt, weil die Kreditwirtschaft die vom Bundesgerichtshof entwickelten Lö­sung  zur Schadensberechnung als unpraktikabel und schwer umsetzbar bemängelt hatte.

 

 

 

Ei­nen An­spruch auf Vor­fäl­lig­keits­ent­schä­di­gung in höherem Um­fang billigt der Ge­setz­ge­ber dem Darlehensgeber nur in den Fällen zu, in de­nen der Dar­le­hens­neh­mer den Dar­le­hens­ver­trag vorzeitig kündigt, nicht aber im An­wen­dungs­be­reich des § 497 BGB a. F. Die­se Rechts­la­ge hat sich auch nach dem 10.06.2010 nicht ge­än­dert.

 

 

 

In bei­den Ur­tei­len hat sich der BGH auch aus­führ­lich damit auseinandergesetzt, dass dies im Ein­zel­fall für die Bank zu nicht  zu­frie­dens­tel­len­den Ergebnissen führen kann, die­se Fol­ge aber vom Ge­setz­ge­ber bewusst in Kauf genommen worden ist.

 

 

 

3. Nach­dem die Recht­spre­chung die Vor­fäl­lig­keits­ent­schä­di­gung und die Nicht­ab­nah­me­ent­schä­di­gung in stän­di­ger Rechtsprechung gleich behandelt, gel­ten die vom BGH dar­ge­leg­ten Gründe auch für den Fall, dass ein so ge­nann­tes For­ward­dar­le­hen abgeschlossen und später nicht abgenommen wur­de und der Darlehensgeber da­rauf­hin wegen Ver­zu­ges das Darlehen selbst gekündigt hat.

 

 

 

4. Fa­zit:

 

 

 

Al­le unter den oben genannten Vo­raus­set­zun­gen in Rechnung gestellten Vor­fäl­lig­keits­ent­schä­di­gun­gen der letzten zehn Jahre sind damit ohne Rechtsgrund erfolgt und können zurückgefordert werden. Äl­te­re Vorgänge scheitern an der Verjährungsfrist. Glei­ches gilt un­ter den oben ge­nann­ten Vo­raus­set­zun­gen für die Nicht­ab­nah­meent­schä­digun­gen.

 

 

 

In die­sen Fäl­len ver­lan­gen Ban­ken regel­mä­ßig Ersatz ih­rer ent­gan­ge­nen Zin­sen, oh­ne je­mals da­für ei­ne Ge­gen­leis­tung erbracht zu ha­ben.

 

 

 

Die Un­ter­schie­de zwi­schen dem gesetzlich begrenzten Zinssatz von 2,5 Pro­zent­punk­ten einerseits und der Vor­fäl­lig­keits­ent­schä­di­gung / Nicht­ab­nah­meent­schä­di­gung auf der Basis des Ver­trags­zin­ses können schon beim normalen Häus­le­bau­er-Kredit  hoch fünfs­tel­lig sein.

 

 

 

In ei­nem Fall, der mir ge­ra­de auf dem Tisch liegt, ver­langt die Bank das 10-fa­che!

 

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